Bettwanzenbefall rechtfertigt Rücktritt vom Mietvertrag

Der Fall: Von der Monteurswohnung zum Rechtsstreit
Ein Unternehmen hatte zunächst für rund dreieinhalb Wochen eine Wohnung für seine Monteure angemietet. Kurz vor Ablauf dieser Zeit schlossen die Parteien einen neuen unbefristeten Mietvertrag ab, beginnend zum 1. August 2022. Noch vor Mietbeginn stellte der Mieter jedoch einen Bettwanzenbefall fest. Obwohl der Vermieter einen Schädlingsbekämpfer beauftragte, erklärte das Unternehmen per E-Mail am 31. Juli 2022 den Rücktritt vom Vertrag und zog seine Mitarbeiter aus der Wohnung ab.
Der Vermieter verlangte dennoch die vereinbarte Miete für drei Monate sowie Ersatz der Schädlingsbekämpfungskosten. Seine Begründung: Die Mitarbeiter hätten die Bettwanzen selbst eingeschleppt. Das Landgericht Wuppertal (Urteil vom 23.11.2023 – 7 O 279/22) verneinte einen Anspruch auf Mietzahlungen und nahm eine vollständige Mietminderung gemäß § 536 BGB an. Gegen dieses Urteil legte der Vermieter Berufung ein.
Entscheidung des OLG Düsseldorf
Der 24. Zivilsenat machte in seinem Hinweisbeschluss deutlich, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe (§ 522 Abs. 2 ZPO). Anders als das Landgericht stellte das OLG klar: Der unbefristete Mietvertrag sei aufgrund des rechtzeitig erklärten Rücktritts gar nicht wirksam geworden.
Rücktritt statt Minderung
Das Gericht stellte fest, dass ein Rücktritt von einem Mietvertrag vor Beginn des Mietverhältnisses möglich ist, wenn feststeht, dass die Gebrauchsüberlassung mangelhaft sein wird (§ 323 Abs. 1 und 4 BGB i.V.m. § 536 BGB). Der Bettwanzenbefall stellte einen erheblichen Mangel dar, der die Gesundheit der Mitarbeiter gefährden konnte. Da eine einmalige Behandlung mit Insektiziden erfahrungsgemäß keinen nachhaltigen Erfolg verspricht, durfte der Mieter davon ausgehen, dass die Wohnung zum Mietbeginn nicht nutzbar war.
Keine Haftung des Mieters
Die Richter verwarfen den Einwand des Vermieters, die Mitarbeiter hätten den Befall verursacht. Selbst wenn dies zuträfe, handele es sich um ein schicksalhaftes Risiko im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs (§ 276 BGB). Ein Verschulden des Mieters sei nicht ersichtlich.
Keine Nutzungsentschädigung und keine Kostenerstattung
Auch ein Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB scheidet aus, da das Mietverhältnis aufgrund des Rücktritts gar nicht zustande gekommen war. Ebenso wenig könne der Vermieter die Kosten für die Schädlingsbekämpfung ersetzt verlangen. Diese seien während des vorangegangenen Kurzzeitmietvertrags entstanden und fielen unter den vertragsgemäßen Gebrauch (§ 538 BGB).
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung zeigt:
- Ein Rücktritt von einem Mietvertrag ist auch bei Dauerschuldverhältnissen vor Vertragsbeginn möglich, wenn der Vermieter absehbar keinen mangelfreien Gebrauch gewährleisten kann.
- Ein Befall mit Bettwanzen stellt stets einen erheblichen Mangel der Mietsache dar, der sowohl eine Mietminderung als auch den Rücktritt rechtfertigen kann.
- Vermieter können Mieter nicht ohne Weiteres für den Befall verantwortlich machen. Selbst wenn die Einschleppung durch den Mieter erfolgte, liegt darin regelmäßig kein schuldhaftes Verhalten.
Fazit
Beim Befall einer Wohnung mit Bettwanzen haben Mieter starke Rechte. Sie können nicht nur die Miete mindern (§ 536 BGB), sondern auch, wie hier, vor Mietbeginn vom Vertrag zurücktreten (§§ 323, 346 BGB). Für Vermieter bedeutet das, dass sie in Fällen von Schädlingsbefall keine sichere Anspruchsgrundlage für Mietzahlungen haben, solange die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung nicht zweifelsfrei gewährleistet ist.
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