Wohnungseigentümerversammlung: Ablauf und Beschlussfassung
Die Wohnungseigentümerversammlung ist beim Wohnungseigentum ein Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft, das im Rahmen der Selbstverwaltung für Beschlüsse und Willensbildung der Wohnungseigentümer zuständig ist.
Einberufung
Die Eigentümerversammlung ist vom Verwalter einzuberufen. Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung einzuberufen, so hat der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates oder sein Vertreter das Recht zur Einberufung (§ 24 Absatz 3 WEG).
Einzelne Wohnungseigentümer sind nicht dazu berechtigt, eine Versammlung einzuberufen. Die Versammlung muss von dem Verwalter aber einberufen werden, wenn dies in Textform unter Angabe des Zweckes und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird. Weigert sich der Verwalter, die Versammlung einzuberufen, so kann die Versammlung auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder durch einen Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden (§ 24 Absatz 3 WEG). Darüber hinaus kann jeder Eigentümer ihn in einem gerichtlichen Verfahren auf die Einberufung verpflichten lassen.
Häufigkeit
Die Versammlung wird mindestens einmal im Jahr einberufen (§ 24 Absatz 1 WEG). Sie kann auch häufiger stattfinden, wenn dies eine ordnungsgemäße Verwaltung erfordert oder wenn die Wohnungseigentümer in einer Vereinbarung bestimmt Fälle festgelegt haben, in denen eine Versammlung einzuberufen ist. Außerdem ist die Versammlung dann einzuberufen, wenn mehr als ein Viertel der Wohnungseigentümer dies in Textform unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt wird (§ 24 Absatz 2 WEG).
Einladungsschreiben
Für die Einberufung zu einer Wohnungseigentümerversammlung ist die Textform vorgeschrieben (§ 24 Absatz 4 Satz 1 WEG). Wird die Textform nicht eingehalten, führt dies gegebenenfalls zur Anfechtbarkeit gefasster Beschlüsse. Die Einladung ist an alle im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer zu richten. Einzuladen sind auch diejenigen Wohnungseigentümer, die nach § 25 Absatz 4 WEG kein Stimmrecht haben. Die Versammlung muss mindestens drei Wochen vorher einberufen werden oder gemäß Vereinbarung, es sei denn, es liegt ein besonders dringlicher Fall vor (§ 24 Absatz 4 Satz 2 WEG). Wird die Frist zur Einberufung nicht eingehalten, kann ein Beschluss wegen Verletzung der Einberufungsfrist angefochten werden.
In der Einladung sind der Tagungsort und der Beginn der Versammlung mitzuteilen. Zudem muss jede Angelegenheit, über die in der Versammlung beschlossen werden soll, in der Einberufung bezeichnet werden, ansonsten sind die gefassten Beschlüsse anfechtbar. Es genügt eine stichwortartige Bezeichnung der zu beschließenden Angelegenheit in Form einer Tagesordnung. Jeder Eigentümer kann vom Verwalter verlangen, dass er bestimmte Punkte in die Tagesordnung aufnimmt, wenn deren Behandlung einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht.
Ort und Zeitpunkt
Der Ort der Versammlung muss verkehrsüblich und den Wohnungseigentümern zumutbar sein. Anzustreben ist, dass die Versammlung in der Nähe der Wohnanlage stattfindet. Die Räumlichkeiten müssen abgeschlossen sein, damit die Versammlung ungestört unter Ausschuss Dritter durchgeführt werden kann.
Der Zeitpunkt für die Versammlung muss angemessen, also zumutbar sein. Grundsätzlich sollte die Wohnungseigentümerversammlung an Werktagen nicht vor 17.00 Uhr durchgeführt werden; im Allgemeinen wird die Versammlung an einem Werktag ab 15.00 Uhr für zumutbar gehalten. Der Einberufende hat bei der Festsetzung des Termins darauf zu achten, möglichst jedem Wohnungseigentümer die Teilnahme zu ermöglichen, so kann für berufstätige Eigentümer eine Einberufung vor 18.00 Uhr unangemessen sein. Kriterium sollte unter anderem die geplante Dauer einer Versammlung sein.
Durchführung
Den Vorsitz führt der Verwalter, sofern die Wohnungseigentümerversammlung nichts anderes beschließt (§ 24 Absatz 5 WEG). Beschlüsse, die unter einem nichtbefugten Vorsitz gefasst wurden, sind anfechtbar. Eine Vereinbarung kann vorsehen, dass der Vorsitz von jemand anderem als dem Verwalter geführt wird.
Der Vorsitzende stellt zunächst die Anwesenheit fest und prüft die eingereichten Vollmachten abwesender Wohnungseigentümer. Die Versammlung ist immer beschlussfähig, egal wie viele Wohnungseigentümer teilnehmen. Jeder Eigentümer hat das Recht, persönlich vor Ort an der Versammlung teilzunehmen. Es kann aber mehrheitlich beschlossen werden, dass Wohnungseigentümer, die sich lieber online zuschalten, dies dürfen.
Die Wohnungseigentümerversammlung legt eine Geschäftsordnung bzw. Regularien für einen reibungslosen Ablauf der Versammlung fest (z. B. Redezeitbegrenzungen, Abstimmungsmodalitäten).
Der Vorsitzende muss vor der Beschlussfassung den Inhalt des Beschlussvorschlages und die erforderliche Mehrheit für das Zustandekommen des Beschlusses bekannt geben. Nach der Beschlussfassung hat er das Abstimmungsergebnis bekannt zu geben und, wenn die erforderliche Mehrheit erreicht wurde, den Beschluss zu verkünden.
Protokoll
Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist eine Niederschrift (ein Protokoll) aufzunehmen. Das Protokoll ist vom Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder von dem Vertreter zu unterschreiben. Die Unterzeichnenden müssen in der Versammlung anwesend gewesen sein.
Die Niederschrift ist unverzüglich anzufertigen. Die Verletzung der Frist wirkt sich aber nicht auf die Gültigkeit der Beschlüsse aus. Die Verwaltung hat die Protokolle aufzubewahren. Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, die Niederschrift einzusehen.
Seit dem 1. Juli 2007 ist eine Beschlusssammlung zu führen. Diese wird in der Regel vom Verwalter geführt. Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschlusssammlung zu führen. Die Wohnungseigentümer können in diesem Fall aber mit Stimmenmehrheit auch einen anderen für diese Aufgabe bestimmen (§ 24 Absatz 8 Satz 2 WEG).
Die Beschlüsse und die gerichtlichen Entscheidungen sind in chronologischer Reihenfolge einzutragen und zu nummerieren.
Anfechtung von Beschlüssen
Jeder im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentümer hat das Recht mit einer Anfechtungsklage beim zuständigen Amtsgericht (Ort des Grundstücks), Beschlüsse anzufechten. Der anfechtende Wohnungseigentümer hat dazu eine Frist von einem Monat ab Beschlussfassung. Die Begründung der Klage muss innerhalb von zwei Monaten nach Beschlussfassung mit allen relevanten Kerntatsachen vorliegen. Die Klage richtet sich gegen alle übrigen Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Klägers.
Ist ein Beschluss angefochten worden, so muss dies in der Beschlusssammlung angemerkt werden (§ 24 Absatz 7 Satz 4 WEG). Ist ein Beschluss aufgehoben worden, so kann dies in der Beschlussfassung angemerkt werden.
Abstimmungsprinzipien
Gemäß Gesetz
Kopfprinzip
Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme unabhängig vom Umfang des Wohnungseigentums.
Beispiel: Ein Eigentümer besitzt vier Wohnungen = eine Stimme
Gemäß Vereinbarung
Objektprinzip
Jeder Wohnungseigentümer hat so viel Stimmen wie er selbständige Objekte hat.
Beispiel: Ein Eigentümer besitzt vier Wohnungen = vier Stimmen
Hier besteht die Gefahr der Majorisierung (Beherrschung) der Gemeinschaft durch einzelne Eigentümer mit vielen Wohnungen.
Wertprinzip
Jeder Wohnungseigentümer hat so viel Stimmen wie er Miteigentumsanteile hält.
Beispiel: Ein Eigentümer besitzt vier Wohnungen mit 400/1.000 Miteigentumsanteile = 400 von 1.000 Stimmen
Hier besteht wie beim Objektprinzip die Gefahr der Majorisierung (Beherrschung) der Gemeinschaft durch einzelne Eigentümer mit vielen Wohnungen.
Mehrheiten in der Wohnungseigentümerversammlung
Einfache Mehrheit
Mehr Ja- als Nein-Stimmen der abgegebenen Stimmen. Enthaltungen werden nicht berücksichtigt.
Notwendig für
- alle Angelegenheiten der ordnungsgemäßen Verwaltung,
- Gebrauchsregelungen der Gebäudeteile des Sonder- und Gemeinschaftseigentums,
- die Zustimmung zum Gesamt- und Einzelwirtschaftsplan und zur Gesamt- und Einzeljahresabrechnung,
- Bestellung des Verwalters,
- die Bestellung eines Verwaltungsbeirates,
- Verteilung der Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums und Kosten der Verwaltung,
- Aufhebung der vereinbarten Veräußerungsbeschränkung,
- Substanzerhaltung,
- Änderung des Verteilerschlüssels für Betriebs- und Verwaltungskosten für den nächsten Abrechnungszeitraum,
- Regelungen über Art und Weise von Zahlungen, Fälligkeit und den Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums,
- bauliche Maßnahmen (*1),
- Umlaufbeschluss (*2).
Absolute Mehrheit
Mehr als 50 % der stimmberechtigten Wohnungseigentümer.
Notwendig für
- die Entziehung des Wohnungseigentums.
Qualifizierte Mehrheit
Je nach Vereinbarung oder Anforderung 2/3 oder 3/4 der Stimmen oder Wohnungseigentümer.
Notwendig für
- bestimmte Beschlussangelegenheiten (z. B. Änderung der Gemeinschaftsordnung gemäß einer Vereinbarung in der Teilungserklärung).
Einstimmigkeit
Alle Stimmen der abstimmenden Betroffenen.
Notwendig für
- gemäß einer Vereinbarung in der Teilungserklärung für dort bestimmte Maßnahmen und Gebrauchsregelungen,
Allstimmigkeit
Stimmen aller Wohnungseigentümer.
Notwendig für
- Umlaufbeschluss (*2),
- Gestattungsmaßnahme nach § 20 Abs. 3 WEG zugunsten eines einzelnen Wohnungseigentümers.
Gemäß § 23 Abs. 4 WEG ist ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, nichtig. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt wird.
(*1) Seit der WEG-Reform 2020 gilt: Für bauliche Veränderungen reicht künftig ein Mehrheitsbeschluss der in der Eigentümerversammlung anwesenden und vertretenen Stimmen. Allerdings brauchen sich Miteigentümer, die gegen eine Maßnahme gestimmt haben, auch nicht an den Kosten zu beteiligen (§ 20 Abs. 1 WEG).
Bei baulichen Veränderungen werden die Kosten auf die Eigentümer verteilt, die der Maßnahme zustimmen. Es gibt aber zwei Ausnahmen: Die Kosten werden dann auf alle Eigentümer verteilt,
- wenn sich die Maßnahme - in der Regel binnen zehn Jahren - amortisiert oder
- wenn die Eigentümerversammlung eine Maßnahme zu nicht unverhältnismäßig hohen Kosten mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließt und der Hälfte aller Miteigentumsanteile (§ 21 WEG).
Jeder Wohnungseigentümer kann zudem auf eigene Kosten bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums verlangen, die der Barrierefreiheit, der E-Mobilität, dem Einbruchschutz oder dem Zugang zu schnellem Internet dienen (§ 20 Abs. 2 WEG).
Jeder Wohnungseigentümer kann einen Beschluss über eine bauliche Veränderung gerichtlich überprüfen lassen. Die Grenzen für die von einem Wohnungseigentümer hinzunehmenden Veränderungen werden aber neu gefasst: Das Gericht erklärt den Beschluss nur dann für ungültig, wenn die bauliche Veränderung die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einzelne Wohnungseigentümer unbillig benachteiligen würde. Dadurch wird beispielsweise vermieden, dass etwa der Anbau eines Aufzugs gerichtlich verhindert werden kann.
(*2) Umlaufbeschlüsse können im Einzelfall mit einem Mehrheitsbeschluss gefasst werden. Damit dies möglich ist, muss in einer Eigentümerversammlung ein entsprechender Beschluss gefasst werden. Bei der Beschlussfassung im Wege eines Umlaufbeschlusses im Verfahren des § 23 Abs. 3 WEG außerhalb der Wohnungseigentümerversammlung müssen dem Beschlussgegenstand sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen.
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