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BGH kippt fristlose Kündigung wegen fehlender Bankbürgschaft bei Wohnraummiete

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14. Mai 2025 (Az. VIII ZR 256/23) entschieden, dass eine fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen der nicht erbrachten Bankbürgschaft als Mietsicherheit unzulässig ist. Der Anwendungsbereich des § 569 Abs. 2a BGB sei auf Geldleistungen beschränkt.

Geschäftsmann unterschreibt rechtliches Dokument am Schreibtisch

Hintergrund: Streit um fehlende Bankbürgschaft

Im konkreten Fall hatte ein Vermieter aus Frankfurt seinem Mieter fristlos gekündigt, weil dieser die im Mietvertrag vereinbarte Bankbürgschaft in Höhe von 4.400 Euro nicht vorgelegt hatte. Laut Vertrag war die Sicherheit „spätestens zur Übergabe der Wohnung“ zu leisten. Trotz fehlender Bürgschaft wurde die Wohnung überlassen. Wenig später erklärte die Vermieterin die außerordentliche fristlose sowie hilfsweise ordentliche Kündigung. Das Amtsgericht Frankfurt verurteilte den Mieter zur Räumung, das Landgericht Frankfurt wies die Berufung ab.

Die Begründung der Vorinstanzen: Der Mieter sei mit einer Mietsicherheit in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten im Rückstand, die Voraussetzungen des § 569 Abs. 2a BGB seien erfüllt.

Entscheidung des BGH: Keine Anwendung des § 569 Abs. 2a BGB bei Bürgschaften

Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung nun auf. Die Richter stellten klar: Bankbürgschaften fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 569 Abs. 2a BGB. Dieser Kündigungstatbestand greift ausschließlich bei Geldleistungen, etwa bei Barkautionen, nicht aber bei abstrakten Sicherheiten wie Bürgschaften.

Kernaussage des Leitsatzes:

„Ist ein Mieter mit der Leistung einer als Mietsicherheit (§ 551 BGB) vereinbarten Bankbürgschaft im Verzug, kann der Vermieter das Mietverhältnis nicht nach § 569 Abs. 2a BGB fristlos kündigen.“

Begründung des BGH: Wortlaut, Systematik und Gesetzeszweck sprechen gegen Kündigungsrecht

1. Kein „Betrag“ im Sinne der Vorschrift

Nach § 569 Abs. 2a Satz 1 BGB muss der Mieter mit einem Betrag im Verzug sein, der zwei Monatsmieten entspricht. Der BGH betont: Eine Bürgschaft ist keine Geldzahlung, sondern eine abstrakte Sicherung und fällt daher nicht unter diesen Begriff. Damit liegt keine unmittelbare Anwendungsmöglichkeit der Norm vor; eine teleologische Reduktion sei gar nicht erforderlich.

2. Gesetzliche Systematik bestätigt Ausschluss

Die Vorschrift ist eng an die Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) angelehnt. Auch dort geht es um rückständige Geldzahlungen. § 569 Abs. 2a BGB wurde ergänzend für Wohnraummietverhältnisse eingeführt, gerade wegen der Möglichkeit zur Ratenzahlung bei Barkautionen (§ 551 Abs. 2 BGB). Eine Bankbürgschaft kann dagegen nicht in Teilbeträgen erbracht werden.

3. Gesetzgeber wollte nur Geldzahlungen erfassen

Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich eindeutig: Die Vorschrift wurde geschaffen, um Klarheit für Fälle zu schaffen, in denen die Barkaution nicht gezahlt wird, nicht für Bürgschaftsfälle. Der Gesetzgeber sprach wiederholt von der „Nichtzahlung der Kaution“ und dem „Zahlungsrückstand“, Begrifflichkeiten, die auf Bürgschaften nicht passen.

Überlassung der Wohnung trotz Bürgschaftsverzug: Treuwidriges Verhalten des Vermieters

Ein weiterer wesentlicher Aspekt: Der BGH weist darauf hin, dass ein Vermieter, der die Wohnung trotz fehlender Bürgschaft überlässt, sich treuwidrig verhält, wenn er daraus später eine Kündigung herleitet. Es widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), unmittelbar nach Übergabe des Mietobjekts auf Verzug zu pochen, den man zuvor selbst hingenommen hat.

Vermieter ist nicht schutzlos – Kündigung bleibt möglich, aber mit Hürden

Der BGH betont: Vermieter sind durch diese Entscheidung nicht schutzlos gestellt. Ihnen stehen weiterhin die allgemeinen Kündigungstatbestände zur Verfügung:

  • Fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, etwa bei erheblicher Pflichtverletzung oder Zahlungsverzug.
     
  • Ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, bei berechtigtem Interesse, z. B. wegen nachhaltiger Nichterfüllung vertraglicher Pflichten.

Beide Vorschriften erfordern jedoch eine umfassende Interessenabwägung, anders als § 569 Abs. 2a BGB, der als scharfer Eingriffstatbestand ohne Frist oder Abmahnung ausgestaltet ist.

Praxistipp: Kautionsform bewusst wählen – und vertraglich sauber regeln

Wer als Vermieter eine Bankbürgschaft akzeptiert oder fordert, verzichtet zugleich auf das Kündigungsrecht nach § 569 Abs. 2a BGB. Damit wird die Kautionsform zur Weichenstellung im Krisenfall. Auch vertragliche Klarstellungen zur Fälligkeit und zur Möglichkeit eines Zurückbehaltungsrechts sollten präzise getroffen werden.

Vorinstanzen

LG Frankfurt, Urteil vom 23. Oktober 2023, 2-11 S 1/23

AG Frankfurt, Urteil vom 1. Dezember 2022, 33 C 697/21 (55)

Fazit

Bankbürgschaften sind keine „Zahlungen“ im Sinne des § 569 Abs. 2a BGB. Wer diese Form der Mietsicherheit im Mietvertrag vereinbart, kann sich nicht auf den besonderen Kündigungstatbestand berufen, wenn sie nicht erbracht wird. Der BGH stellt mit seiner Entscheidung klar: Nur rückständige Geldleistungen, nicht aber Bürgschaften, berechtigen zur fristlosen Kündigung nach dieser Vorschrift. Für Vermieter bedeutet das ein höheres Maß an Risiko, aber auch eine klare rechtliche Linie. Wer sich absichern will, sollte auf Barkautionen setzen oder mit Augenmaß kündigen.

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