Gesetz schlägt Mehrheit: Gericht erzwingt zertifizierten Verwalter

Hintergrund: Streit um Zertifizierung nach § 26a WEG
Der Kläger, Mitglied einer 26 Garagen umfassenden Teileigentümergemeinschaft in Hannover, hatte auf der Eigentümerversammlung am 7. Mai 2024 die Bestellung eines zertifizierten Verwalters beantragt. Grundlage seines Antrags waren § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG sowie § 26a WEG, der seit dem 1. Dezember 2023 vorschreibt, dass nur noch zertifizierte Verwalter bestellt werden dürfen, mit wenigen Ausnahmen.
Trotz dieses klaren gesetzlichen Rahmens wurde der Antrag in der Versammlung mit 11 Nein- gegen nur eine Ja-Stimme abgelehnt. Der Kläger wandte sich daraufhin an das Amtsgericht und verlangte die Feststellung, dass der Beschluss ungültig ist und ersatzweise die Abberufung des bisherigen Verwalters sowie die Verpflichtung zur Bestellung eines zertifizierten Verwalters.
Das Urteil: Klage erfolgreich, Eigentümerbeschluss für ungültig erklärt
Das Amtsgericht Hannover gab dem Kläger in vollem Umfang recht. Es erklärte den ablehnenden Beschluss für ungültig und stellte fest, dass der bisherige Verwalter abzuberufen sei. Zugleich sei die Eigentümergemeinschaft verpflichtet, einen zertifizierten Verwalter zu bestellen – unter Einholung von drei Vergleichsangeboten. Zwei Eigentümer sollen hierzu beauftragt werden, stellvertretend den neuen Verwaltervertrag zu unterzeichnen.
In seiner Begründung stellte das Gericht klar: Das gesetzlich verankerte Recht auf ordnungsgemäße Verwaltung gemäß § 18 Abs. 2 WEG umfasst zwingend die Bestellung eines zertifizierten Verwalters. Auch Teileigentum, wie in diesem Fall der Garagenhof, unterliegt nach § 1 Abs. 6 WEG den allgemeinen Regeln des Wohnungseigentumsrechts. Die Beklagte konnte sich daher nicht darauf berufen, dass es sich um eine „Garagengemeinschaft“ außerhalb des Anwendungsbereichs handle.
Kein Spielraum bei bestehendem Anspruch
Zwar räumt das Wohnungseigentumsrecht den Eigentümern grundsätzlich ein weites Ermessen bei Beschlussfassungen ein. Doch, so das Gericht: Dieses Ermessen entfällt, wenn ein gesetzlicher Anspruch besteht. In diesem Fall ist der Anspruch des Klägers auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters so klar gesetzlich normiert, dass ein ablehnender Beschluss rechtswidrig ist.
Auch der Einwand, der derzeitige Verwalter habe seine Arbeit bislang zur Zufriedenheit der Gemeinschaft erfüllt, war nach Ansicht des Gerichts unerheblich: Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sei nicht von der bisherigen Leistung abhängig.
Kostenargument und Schikane-Vorwurf ohne Substanz
Die Beklagte argumentierte, eine Zertifizierung verursache unverhältnismäßige Kosten (ca. 1.500 Euro) und der Kläger handle aus sachfremden Motiven. Auch wurde ihm eine „Schikane“ vorgeworfen. Das Gericht wies all diese Einwände als nicht substantiiert und rechtlich unbeachtlich zurück. Wer gesetzliche Rechte geltend macht, handele nicht treuwidrig.
Fazit
Auch Teileigentümergemeinschaften unterliegen den verbindlichen Vorgaben des Wohnungseigentumsgesetzes. Mehrheitsbeschlüsse dürfen nicht zulasten gesetzlich garantierter Einzelrechte gehen.
Das Gericht stellt klar: Wenn ein Eigentümer einen zertifizierten Verwalter verlangt, muss die Gemeinschaft dem folgen, auch gegen den Willen der Mehrheit. Das gilt für Wohnungseigentümer ebenso wie für Teileigentümer.
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