Anspruch auf Beschluss zur Errichtung eines Aufzugs für das Hinterhaus einer denkmalgeschützten Wohnanlage
Die Kläger sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft in München. Die Anlage besteht aus einem herrschaftlichen Vorderhaus und einem schlichten Hinterhaus, die unter Denkmalschutz stehen. Für das Vorderhaus existiert bereits ein Aufzug, für das Hinterhaus nicht. Die Kläger, deren Wohnungen sich im 3. und 4. OG des Hinterhauses befinden, beantragten erfolglos in einer Eigentümerversammlung den Einbau eines Aufzugs für das Hinterhaus.
Das Landgericht München I gab der Klage auf Ersetzung eines entsprechenden Beschlusses statt. Die Revision der beklagten Eigentümergemeinschaft hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Der BGH entschied, dass den Klägern nach dem seit 1.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) ein Anspruch auf Beschlussfassung über die Errichtung eines Aufzugs gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG zusteht. Danach können Wohnungseigentümer angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen.
Der BGH stellte klar, dass die Wohnungseigentümer nach dem WEMoG eine bauliche Veränderung grundsätzlich auch dann beschließen können, wenn dies die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an Gemeinschaftseigentum zur Folge hat. Eine Vereinbarung ist dafür nicht mehr erforderlich.
Eine privilegierte Maßnahme nach § 20 Abs. 2 WEG ist laut BGH nur ausnahmsweise unangemessen, wenn außergewöhnliche bauliche Gegebenheiten oder ein außergewöhnliches Begehren zu Nachteilen führen, die außer Verhältnis zum Zweck stehen. Typische Nachteile wie Eingriffe in die Bausubstanz, Nutzungseinschränkungen oder optische Veränderungen begründen die Unangemessenheit nicht. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit die Gemeinschaft.
Der BGH verneinte auch eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage nach § 20 Abs. 4 WEG. Bei privilegierten Maßnahmen ist eine solche nur ausnahmsweise anzunehmen. Ebenso liegt keine unbillige Benachteiligung eines Eigentümers vor, da Verschattungen und Lärmbeeinträchtigungen nicht erheblich sind und durch die Bauausführung noch abgemildert werden können.
Das Urteil stärkt die Rechte einzelner Eigentümer, bauliche Veränderungen zur Barrierefreiheit gegen den Willen der Gemeinschaft durchzusetzen. Die Hürden dafür sind nach dem WEMoG deutlich niedriger als zuvor.
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