Beschlüsse einer Eigentümerversammlung während der Corona-Pandemie nicht nichtig
Im zugrundeliegenden Fall hatte die Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Eigentümer zu einer Versammlung am 24.11.2020 eingeladen. Aufgrund der Pandemie-Beschränkungen konnten die Eigentümer nur durch Vollmachtserteilung an die Verwalterin teilnehmen. Fünf von 24 Eigentümern erteilten eine solche Vollmacht. In der nur von der Verwalterin abgehaltenen Versammlung wurden Beschlüsse gefasst. Dagegen erhoben zwei Eigentümer, die keine Vollmacht erteilt hatten, eine Beschlussmängelklage.
Das Landgericht erklärte die Beschlüsse wegen Verletzung des Teilnahmerechts der Eigentümer für nichtig (§ 23 Abs. 4 Satz 1 WEG). Der BGH hob dieses Urteil nun auf und wies die Klage ab.
Der BGH stellte klar, dass eine sogenannte "Vertreterversammlung", bei der nur der bevollmächtigte Verwalter anwesend ist, zwar nicht den wohnungseigentumsrechtlichen Vorgaben entspricht. Denn grundsätzlich haben die Eigentümer ein Recht auf persönliche Teilnahme (§§ 23, 24 WEG).
Allerdings führt dies nicht automatisch zur Nichtigkeit der Beschlüsse. Die Vorschriften über die Einberufung und Abhaltung der Versammlung gehören nicht zu den zwingenden Bestimmungen, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann. Ihre Verletzung macht Beschlüsse daher in der Regel nur anfechtbar, nicht nichtig.
Zudem befanden sich Verwalter während der Pandemie in einem Dilemma. Sie mussten entweder gegen das Wohnungseigentumsrecht verstoßen, indem sie keine Präsenzversammlung abhielten, oder gegen das Infektionsschutzrecht, das Versammlungen zeitweise verbot. Durch das Abhalten von "Vertreterversammlungen" wurde den Eigentümern zumindest eine Beschlussfassung ermöglicht. Auch konnten sie dem Verwalter Weisungen für die Stimmabgabe erteilen.
Schließlich spricht laut BGH auch das Bedürfnis nach Rechtssicherheit gegen eine Nichtigkeit. Eigentümer, die mit der Verfahrensweise nicht einverstanden sind, können die Beschlüsse innerhalb der Frist anfechten. Eine Berufung auf Nichtigkeit auch lange danach wäre mit dem Vertrauen in die Gültigkeit der Beschlüsse nicht vereinbar.
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