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Betonschaden durch Bauarbeiten: Kammergericht bestätigt Haftung im Nachbarrecht

In einem aktuellen Urteil (Aktenzeichen: 21 U 193/24 vom 27. Mai 2025) entschied das Kammergericht (KG) in Berlin, dass Grundstückseigentümern ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zusteht, wenn durch Bauarbeiten herabfallender Beton Schäden auf einem Nachbargrundstück verursacht. Das Urteil verdeutlicht, unter welchen Umständen Grundstückseigentümer bei Baumaßnahmen besondere Sorgfalt walten lassen müssen.

Großer hydraulischer Greiferaufsatz eines Baggers auf Schotterboden, frontal aufgenommen

Details des konkreten Falles

Im vorliegenden Fall ließ ein Subunternehmer während Dacharbeiten flüssigen Beton mittels eines Krans transportieren. Dabei fiel ungewollt Beton auf das benachbarte Grundstück, wo er auf eine Photovoltaikanlage traf und 15 Paneele erheblich beschädigte. Der Gesamtschaden belief sich auf 19.558,22 Euro. Die Bauherrenhaftpflichtversicherung regulierte den entstandenen Schaden und forderte nun eine Erstattung der Kosten vom ausführenden Bauunternehmen.

Die zentrale Frage: Wer haftet und warum?

Das Kammergericht musste klären, ob die Versicherung, nachdem sie den Schaden reguliert hatte, das Geld vom Bauunternehmen zurückfordern durfte. Diese Frage hängt an einer rechtlichen Kette: Erstens musste geprüft werden, ob die Bauherrin (Versicherungsnehmerin) für den Schaden der Nachbarin haftet. Zweitens, ob die Versicherung deren Anspruch auf sich überleiten konnte. Und drittens, ob das Bauunternehmen wiederum gegenüber der Bauherrin einstandspflichtig war.

Rechtlicher Hintergrund: Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch

Das KG bestätigte die Haftung der Bauherrin aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog. Der sogenannte nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch greift, wenn von einem Grundstück rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes ausgehen. Das ist etwa der Fall, wenn herabfallender Beton das Nachbargrundstück beschädigt und der betroffene Nachbar die Einwirkung nicht verhindern kann. Ein Verschulden ist dabei nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass die Beeinträchtigung von dem Willen des Nutzers des Störergrundstücks ausgeht, hier durch den geplanten Bau samt Betontransport.

Gesetzlicher Forderungsübergang: Die Rolle der Versicherung

Nachdem die Versicherung den Schaden reguliert hatte, ging der Entschädigungsanspruch der Nachbarin gemäß § 86 Abs. 1 VVG auf sie über. Die Versicherung trat damit rechtlich in die Fußstapfen der Geschädigten. Sie konnte den Schadensbetrag also vom eigentlichen Verursacher, hier dem Bauunternehmen, zurückverlangen.

Haftung des Bauunternehmens und Subunternehmers

Das Bauunternehmen haftete nach Einschätzung des Gerichts nicht nur auf Grundlage des Bauvertrags, sondern auch wegen einer allgemeinen Schutzpflicht: Es war verpflichtet, dafür zu sorgen, dass keine Schäden bei Dritten entstehen. Da das Unternehmen den Betontransport an ein Subunternehmen übertrug, haftete es gemäß § 278 BGB auch für dessen Fehlverhalten als Erfüllungsgehilfen.

Fazit

Das Kammergericht stellt mit diesem Urteil klar, dass selbst unbeabsichtigte und mittelbar verursachte Schäden bei Bauvorhaben haftungsrechtliche Folgen nach sich ziehen können. Die Entscheidung zeigt exemplarisch, wie das Zusammenspiel von nachbarrechtlichem Ausgleichsanspruch, gesetzlichem Forderungsübergang und Subunternehmerhaftung rechtlich einzuordnen ist. Gleichzeitig verdeutlicht das Urteil die Verantwortung der Bauunternehmen, Gefahrenquellen im Rahmen ihrer Bauprojekte zu erkennen und abzusichern. Es konkretisiert bestehende zivilrechtliche Grundsätze und stärkt die Position geschädigter Nachbarn, indem es klarstellt, dass auch indirekte Störungen zu rechtlich durchsetzbaren Ersatzansprüchen führen können.

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