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BGH schafft Klarheit bei Wohnflächenberechnung: Wann ist ein Wanddurchbruch eine „Türnische“?

Die Frage, wie die Wohnfläche einer vermieteten Wohnung korrekt zu ermitteln ist, beschäftigt Vermieter wie Mieter schon seit Jahren. Nun hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 27. September 2023 (Az.: VIII ZR 117/22) erneut wichtige Weichen gestellt. Im Kern geht es um die Frage, ob ein durchgehender Wandöffnungsbereich zwischen zwei Räumen bei der Flächenberechnung als „Türnische“ im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 3 der Wohnflächenverordnung (WoFlV) außer Ansatz zu bleiben hat und damit Auswirkungen auf das Vorliegen eines Mietmangels durch Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Wohnfläche hat.

Digitales Messgerät auf einem Bauplan mit Bleistift und Lineal

Hintergrund: Wohnfläche und Mietmangel

Im zugrunde liegenden Fall stritten Vermieter und Mieterin einer Wohnung über die tatsächliche Wohnfläche. Der Mietvertrag nannte als vereinbarte Wohnfläche „ca. 48 m²“. Die Mieterin zahlte im Laufe der Jahre wiederholt weniger Miete, weil sie davon ausging, dass die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 % unter diesem Sollwert liege. Eine solch erhebliche Abweichung gilt nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB) als Mietmangel, der zu einer entsprechenden Minderung der Miete führt. Die Vermieter­seite war indes anderer Ansicht und kündigte der Mieterin schließlich mehrfach fristlos wegen Zahlungsverzugs.

Die entscheidende Frage: Was zählt als Türnische?

Das Landgericht Itzehoe hatte in Vorinstanz festgestellt, dass die tatsächliche Wohnfläche ungefähr 43,38 m² betrage. Dabei war es davon ausgegangen, dass bestimmte Durchgänge zwischen Wohn- und Schlafzimmer bei der Wohnflächenberechnung vollständig angerechnet werden. Entscheidend war hier § 3 Abs. 3 Nr. 3 WoFlV, wonach die Grundflächen von „Türnischen“ bei der Berechnung der Wohnfläche nicht berücksichtigt werden.

Nach Ansicht des Landgerichts handelte es sich bei den zwei nebeneinanderliegenden Wandöffnungen jedoch nicht um solche „Türnischen“, da hier weder eine Tür eingebaut noch ein Türrahmen vorhanden war. Die Bereiche seien zudem so breit und hoch, dass sie nicht dem typischen Charakter einer Türnische entsprächen.

Die Auffassung des BGH

Der Bundesgerichtshof beurteilte die Rechtslage anders und hob die Entscheidung des Landgerichts auf. Nach Ansicht des höchsten deutschen Zivilgerichts kann eine Türnische im Sinne der WoFlV auch vorliegen, ohne dass tatsächlich eine Tür eingebaut ist oder ein Türrahmen existiert. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich um eine Öffnung in einer Wand handelt, die dem Durchgang dient und daher selbst keinen oder nur einen geminderten Wohnwert besitzt. Ein bloßes Fehlen einer Tür oder eines Rahmens sei kein ausreichendes Argument, um diesen Bereich als vollwertige Wohnfläche anzurechnen.

Der BGH machte zudem deutlich, dass der Gesetzgeber mit § 3 Abs. 3 Nr. 3 WoFlV bestimmte Raumteile ganz bewusst herausrechnet, um den tatsächlichen Nutzwert abzubilden. Bereiche, die eher „Verkehrsfläche“ als „Wohnfläche“ darstellen, sollen nicht als vollwertige Wohnfläche gelten. Ob die beiden betroffenen Durchgänge in diesem konkreten Fall solche „Türnischen“ sind, ließ der BGH aber offen. Er verwies den Rechtsstreit zurück an das Berufungsgericht, damit dieses weitere Feststellungen zu den genauen Maßen und Gegebenheiten trifft.

Folgen für die Miete und das Verfahren

Sollten sich die beiden Durchgänge als Türnischen qualifizieren, könnte die tatsächliche Wohnfläche noch etwas geringer ausfallen als vom Landgericht berechnet. Bereits wenige Zentimeter können in Grenzfällen die magische 10%-Marke überschreiten, ab der eine Minderung der Miete in Betracht kommt. Hier lag man bereits bei rund 10,04 % Abweichung. Erreicht oder überschreitet die Unterschreitung der vereinbarten Fläche diese Grenze, liegt ein Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB vor. Die Mieterin könnte dann möglicherweise für den betroffenen Zeitraum die Miete mindern, was im Umkehrschluss Auswirkungen auf die Berechtigung des Vermieters zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs hätte.

Fazit

Vermieter müssen bei Flächenangaben äußerst sorgfältig vorgehen, denn selbst kleinere bauliche Besonderheiten, wie etwa wandbreite Durchgänge ohne klassische Türen, können erhebliche Auswirkungen auf Mieterrechte oder Kündigungsfragen haben. Der BGH stellt klar: Entscheidend sind objektive, sachliche Kriterien, nicht subjektive Gestaltungsabsichten. Auch wenn der BGH keine abschließende Bewertung der streitgegenständlichen „Türnischen“ vorgenommen hat, liefert das Urteil wichtige Hinweise zur Auslegung und verweist den Fall zurück an das Berufungsgericht. Eine neue Entscheidung der Vorinstanz steht aktuell noch aus.

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