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BGH-Urteil zu Kündigung bei falschen Mieteraussagen erfordert gründliche Abwägung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seinem Urteil (Az. VIII ZR 147/22) mit der Frage befasst, ob und unter welchen Voraussetzungen bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen eines Mieters gegenüber seinem Vermieter in einem Rechtsstreit eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen können. Das Urteil ist für Vermieter und Mieter gleichermaßen bedeutsam, da es aufzeigt, welche Gesichtspunkte bei einer solchen Fallkonstellation zu berücksichtigen sind.

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Hintergrund des Rechtsstreits war ein Mietverhältnis über eine Wohnung in Berlin, das bereits seit dem Jahr 2000 bestand. Die Vermieterin hatte zunächst eine Kündigung wegen einer angeblich vertragswidrigen Hundehaltung der Mieter ausgesprochen. Im Rahmen des sich daran anschließenden Räumungsprozesses behauptete einer der Mieter in einer Anhörung vor dem Amtsgericht, er habe zufällig ein Gespräch der Vermieterin mitgehört. Darin habe ein Kaufinteressent geäußert, das Haus nur erwerben zu wollen, wenn zuvor alle Mieter ausgezogen seien. Die Vermieterin hielt diese Behauptung für unwahr und ehrverletzend und sprach eine erneute Kündigung aus.

Der BGH hat in seinem Urteil zunächst klargestellt, dass bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen eines Mieters durchaus eine Pflichtverletzung darstellen können, die eine Kündigung nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB rechtfertigt. Ob im konkreten Fall tatsächlich ein Kündigungsgrund gegeben ist, bedarf jedoch stets einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls.

Im Rahmen dieser Prüfung ist laut BGH zum einen die Bedeutung und Tragweite der unwahren Äußerung in ihrem Sinnzusammenhang zu bewerten. Es macht also einen Unterschied, ob die Behauptung eher beiläufig erfolgte oder gezielt zur Diskreditierung des Vermieters eingesetzt wurde.

Zum anderen darf ein etwaiges vorangegangenes vertragswidriges Verhalten des Vermieters, das die Äußerung des Mieters womöglich provoziert hat, nicht unberücksichtigt bleiben. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Vermieter zuvor seinerseits eine ungerechtfertigte Kündigung ausgesprochen hatte und sich der Mieter hiergegen zur Wehr setzen wollte.

Im konkreten Fall hatte das Berufungsgericht nach Ansicht des BGH diese Grundsätze nicht ausreichend beachtet. Es hatte die Kündigung der Vermieterin bestätigt, ohne den Kontext der Äußerung des Mieters und ein von den Mietern behauptetes vorheriges Fehlverhalten der Vermieterin und ihres Hausverwalters in seine Abwägung einzubeziehen. Da die Sache noch nicht entscheidungsreif war, hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung zurück.

Das Urteil verdeutlicht, dass Vermieter eine Kündigung wegen Äußerungen des Mieters in einem laufenden Rechtsstreit nicht leichtfertig aussprechen sollten. Stattdessen bedarf es einer sorgfältigen Prüfung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände. Insbesondere mögliche Verfehlungen des Vermieters im Vorfeld dürfen dabei nicht außer Betracht bleiben. Nur wenn sich unter Abwägung sämtlicher Gesichtspunkte eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Mieters feststellen lässt, kommt eine hierauf gestützte Kündigung in Betracht.

Der BGH hat außerdem klargestellt, dass ein ursprünglich unwirksam erklärte Kündigung nicht durch nachträglich entstandene Kündigungsgründe "geheilt" werden kann (vgl. § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB). Dies dient dem Schutz des Mieters und seinem Interesse an frühzeitiger Klarheit über den Bestand des Mietverhältnisses.

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