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Eigenbedarf vortäuschen wird teuer: Corona-Ausrede reicht nicht aus

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 04.09.2024 (64 S 281/22) wichtige Klarstellungen zur Eigenbedarfskündigung und den daraus resultierenden Pflichten des Vermieters getroffen. Vermieter, die ihre Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen, müssen konkret nachweisen, warum sich ihre ursprünglichen Umzugspläne verändert haben, wenn sie später nicht selbst einziehen.

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Der Fall

Im konkreten Fall hatten ehemalige Mieter geklagt, weil ihr Vermieter angeblich wahrheitswidrig Eigenbedarf geltend gemacht hatte, um das Mietverhältnis aufzuheben. Nach dem Auszug der Mieter zog der Vermieter jedoch nicht ein, sondern ließ zunächst umfangreiche Renovierungsarbeiten durchführen. Später verwies er zur Rechtfertigung auf die Corona-Pandemie als Grund, weshalb ein Umzug nicht erfolgt sei. Die Mieter sahen sich getäuscht und forderten Schadenersatz in Höhe von rund 15.000 Euro wegen zusätzlicher Mietkosten, Umzugskosten und Rechtsanwaltsgebühren.

Landgericht stärkt Rechte der Mieter

Nachdem das Amtsgericht Charlottenburg die Klage zunächst abgewiesen hatte (AG Charlottenburg, 238 C 64/22), gab das Landgericht Berlin den Mietern nun grundsätzlich recht. Laut Urteil des LG Berlin ist es nicht ausreichend, wenn ein Vermieter lediglich pauschal auf Verzögerungen durch Renovierungsarbeiten oder allgemein auf Folgen der Corona-Pandemie verweist. Vielmehr verlangt das Gericht – unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 11.10.2016 – VIII ZR 300/15 und Urteil vom 18.05.2005 – VIII ZR 368/03) – eine substantiierte und plausible Darlegung konkreter Pläne und deren Veränderung.

Nach § 280 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) können Mieter Schadenersatz verlangen, wenn sich der Eigenbedarf als vorgetäuscht herausstellt. Das Landgericht betonte, dass Vermieter präzise und nachvollziehbar erläutern müssen, welche Personen zu welchem Zeitpunkt und unter welchen konkreten Bedingungen in die Wohnung hätten einziehen sollen. Bloße Absichtserklärungen ohne konkrete Planung seien nicht ausreichend.

Die bloße pandemiebedingte Ungewissheit reichte dem Gericht nicht aus, um die Abkehr vom Eigenbedarfswunsch nachzuvollziehen. Vielmehr müsse detailliert dargelegt werden, wie konkret die ursprünglichen Umzugspläne durch äußere Umstände tatsächlich durchkreuzt wurden.

Bedeutung des Urteils für die Praxis

Das Urteil hat Bedeutung bei Streitigkeiten über vermeintliche Vorratskündigungen. Es stärkt die Position von Mietern, die durch unklare Eigenbedarfskündigungen geschädigt wurden. Vermieter sollten daher genau dokumentieren und rechtzeitig mitteilen, wenn sich ihre Eigenbedarfspläne nach einer Kündigung ändern, um Schadensersatzforderungen zu vermeiden.

Die Entscheidung des LG Berlin (64 S 281/22) ist rechtskräftig; eine Revision wurde nicht zugelassen.

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