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Kein Minderungsrecht des Mieters bei schleppender Mängelbeseitigung nach vollstrecktem Kostenvorschuss

Wenn ein Mieter erfolgreich einen Kostenvorschuss für Mängelbeseitigung einklagt, diesen aber nicht nutzt und weiter die Miete mindert, droht der Verlust des Minderungsrechts, und sogar die fristlose Kündigung. Das zeigt ein Urteil des Amtsgerichts Bottrop vom 03.04.2025 (Az. 8 C 205/21), das die Tochter zur Räumung der elterlichen Wohnung verpflichtet.

Richterhammer liegt auf mehreren 50-Euro-Scheinen

Familienkonflikt als Mietrechtsstreit

Seit dem 1. August 2021 bewohnte die Beklagte, Tochter der Kläger, eine Hälfte eines alten Zechenhauses in Bottrop. Die andere Hälfte wurde von ihren Eltern bewohnt, die zugleich ihre Vermieter waren. Die vereinbarte Warmmiete betrug 550 Euro.

Früh kam es zum Streit über bauliche Mängel. In einem Vorprozess im Jahr 2022 wurde der Mieterin eine Mietminderung von 75 Prozent zugesprochen (§ 536 BGB), sodass sie fortan nur noch 137,50 Euro monatlich zahlte. Zusätzlich verpflichtete das Amtsgericht Bottrop die Vermieter im September 2023 zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 4.000 Euro zur Durchführung der Mängelbeseitigung im Wege der Ersatzvornahme.

Untätigkeit nach Kostenvorschuss – Reparaturen bleiben aus

Nach Erhalt des Kostenvorschusses im September 2023 versuchte die Beklagte zunächst, sich mit den Klägern außergerichtlich über die Organisation der Mängelbeseitigung zu einigen. Nachdem diese Gespräche im Spätherbst 2023 scheiterten, beauftragte sie im Dezember 2023 einen Handwerksbetrieb.

Doch die Ausführung verzögerte sich: Termine platzten, Arbeiten kamen nicht voran, ein Betrieb stellte seine Tätigkeit nach Teilleistungen ein. Die Beklagte kündigte daraufhin selbst den Werkvertrag und setzte die Mietminderung unverändert fort, obwohl bis zur Verhandlung am 3. April 2025 keine vollständige Instandsetzung erfolgt war.

Mieter verliert Minderungsrecht bei eigener Untätigkeit

Das Amtsgericht Bottrop stellte hierzu unmissverständlich klar:

„Ein Mieter verliert sein Minderungsrecht, wenn er die Mängelbeseitigung schuldhaft verzögert oder unterlässt, insbesondere nach Erhalt eines Kostenvorschusses.“

Ein Mieter ist nach einem Antrag gemäß § 887 ZPO zwar nicht verpflichtet, bereits zum Zeitpunkt des gerichtlichen Beschlusses einen Handwerker bereitzuhalten, der sofort loslegt. Eine gewisse Vorlaufzeit sei zulässig, aber keine monatelange Untätigkeit. Spätestens zehn Monate nach Rechtskraft des Beschlusses müsse die Mängelbeseitigung abgeschlossen sein, das war hier nicht der Fall.

Die Beklagte habe nach Erhalt des Vorschusses nicht ausreichend für eine zügige Ausführung gesorgt. Ab August 2024 war daher kein Minderungsrecht mehr gegeben. Die weiter reduzierten Mietzahlungen galten somit nicht mehr als vertragsgemäß, es entstand ein erheblicher Rückstand.

Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs wirksam

Am 12. Dezember 2024 erklärten die Kläger eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b BGB. Zu diesem Zeitpunkt beliefen sich die Mietrückstände auf 1.650 Euro, entsprechend fast drei Monatsmieten.
Da das Gericht das Minderungsrecht ab August 2024 verneinte, erkannte es die Kündigung als wirksam an. Die Voraussetzungen des § 543 BGB waren erfüllt: Zahlungsverzug über mehr als zwei Termine und in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten.

Zuvor ausgesprochene Kündigungen scheiterten an formellen Mängeln

Zwischen Februar 2023 und Dezember 2024 hatten die Kläger insgesamt sieben Kündigungen ausgesprochen. Sechs davon erklärte das Amtsgericht für unwirksam, unter anderem aus folgenden Gründen:

  • fehlende oder unzureichende Begründung,
  • nicht konkret bezifferte Mietrückstände,
  • verstorbenes, als Bedarfsperson benanntes Familienmitglied,
  • nicht nachgewiesener wahrheitswidriger Vortrag der Beklagten im Räumungsprozess.

Selbst bei nachvollziehbaren Gründen müssen Kündigungen formell korrekt und nachvollziehbar begründet sein, insbesondere bei Kündigungen wegen Zahlungsverzugs nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB.

Keine Räumungsfrist – Anwaltskosten zugesprochen

Eine Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO wurde von der Beklagten nicht beantragt, und das Gericht sah auch keinen Anlass, eine solche von Amts wegen zu gewähren. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses sei den Klägern nicht zumutbar.
Die Beklagte wurde außerdem zur Zahlung von 659,74 Euro außergerichtlicher Anwaltskosten verurteilt (§§ 280, 249 BGB). Die Kosten für die Zustellung per Gerichtsvollzieher wurden jedoch nicht ersetzt, da sie nicht notwendig im Sinne des § 249 BGB waren.

Fazit: Wer Mängel rügt und einen Kostenvorschuss erhält, muss sie auch beseitigen

Mieter, die auf Mängel bestehen und einen gerichtlichen Kostenvorschuss erstreiten, sind verpflichtet, die Mängel zügig zu beseitigen. Wer untätig bleibt, verliert sein Recht zur Mietminderung, und riskiert die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs.

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