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OLG Celle: Wohngebäude mit zurückgelassenem Mobiliar gilt als „ungenutzt“ – Versicherer darf Leistung kürzen

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat mit Urteil vom 10. Juli 2025 (Az. 11 U 179/24) klargestellt, dass ein Wohngebäude, in dem nach dem dauerhaften Umzug des letzten Bewohners in ein Altenheim nur noch Möbel und Inventar zurückbleiben, als „ungenutzt“ im Sinne der Wohngebäudeversicherung gilt. Für solche Fälle besteht nach den Versicherungsbedingungen die Obliegenheit, die Wasserversorgung abzusperren. Wird diese Pflicht verletzt, darf der Versicherer seine Leistung wegen grober Fahrlässigkeit kürzen, im konkreten Fall um ein Drittel.

Helles Wohnzimmer mit grüner Couchgarnitur, Holztisch, Esstisch und dekorativen Bildern an den Wänden

Symbolbild

Der Fall: Wasserschaden nach Umzug ins Pflegeheim

Die Klägerin hatte ihr Wohnhaus in Hannover nach dem Umzug in ein Altenheim leer zurückgelassen, abgesehen von Möbeln und Hausrat, die im Heim keinen Platz fanden. Betreut wurde sie von ihrem Schwiegersohn. Dieser führte regelmäßige Kontrollgänge durch und drehte üblicherweise das Hauptwasser ab. Im April 2023 wurde dies jedoch vergessen. Wenige Wochen später kam es zu einem Leitungsbruch im Bad, der einen erheblichen Wasserschaden verursachte.

Der Gebäudeversicherer verweigerte weitgehend die Regulierung und kürzte seine Leistung um 80 %, mit dem Argument, dass eine Obliegenheitsverletzung vorliege (§ 19 Abs. 1 lit. d VGB 2000 i.V.m. § 28 Abs. 2 VVG).

Erste Instanz: volle Leistungspflicht

Das Landgericht Hannover (Urteil vom 17.10.2024 – Az. 6 O 4/24) gab der Klage zunächst in vollem Umfang statt. Das Gericht wertete das Haus nicht als „ungenutzt“, da Möbel und persönliche Gegenstände verblieben waren und die Tochter der Klägerin sowie ihr Mann das Gebäude regelmäßig besucht hätten. Zudem sei nur ein einmaliges Versehen geschehen, das nicht als grobe Fahrlässigkeit zu bewerten sei.

Berufung vor dem OLG: Teilweise Erfolg für den Versicherer

Das OLG Celle sah dies anders. Es stellte klar, dass eine bloße Nutzung als Lager keine Nutzung im Sinne einer Wohngebäudeversicherung darstellt. Entscheidend sei, ob das Haus noch zu Wohnzwecken genutzt werde, das sei hier nicht der Fall gewesen. Auch regelmäßige Kontrollbesuche oder Gartenarbeiten begründen keine „Wohnnutzung“.

Die Richter werteten das Verhalten des Betreuers als grob fahrlässig: Zwar sei ein einmaliges Vergessen des Wasserabstellens nachvollziehbar, jedoch habe er auch bei späteren Besuchen die Wasserversorgung nicht abgesperrt und das Haus über mehrere Wochen unkontrolliert gelassen. Damit sei gegen die Obliegenheiten aus § 19 Abs. 1 lit. d VGB 2000 verstoßen worden.

Folge: Der Versicherer durfte die Leistung um ein Drittel kürzen (§ 28 Abs. 2 Satz 2 VVG). Eine Kürzung um 80 % hielt das Gericht dagegen für überzogen.

Ergebnis und Bedeutung

Das OLG verurteilte den Versicherer, zwei Drittel des Schadens zu regulieren und Verzögerungsschäden zu ersetzen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.

Die Entscheidung hat erhebliche praktische Relevanz, da viele ältere Menschen ihr Eigenheim nach dem Umzug in ein Pflegeheim nicht sofort aufgeben und Möbel oder Hausrat zurücklassen. Das OLG Celle macht deutlich: Für die Versicherungsbedingungen kommt es nicht auf das bloße Vorhandensein von Gegenständen, sondern auf die tatsächliche Wohnnutzung an.

Fazit

Versicherungsnehmer sollten sich bewusst sein, dass leerstehende, nicht mehr bewohnte Immobilien als „ungenutzt“ gelten, auch wenn noch Möbel darin stehen. In solchen Fällen besteht die Pflicht, die Wasserversorgung konsequent abzusperren, um Leistungsansprüche aus der Gebäudeversicherung nicht zu gefährden.

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