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OLG Karlsruhe: Keine Duldungspflicht für fremde Abwasserleitungen ohne Grundbucheintrag

Mit einem Urteil vom 06.03.2025 (Az. 12 U 130/24) hat das Oberlandesgericht Karlsruhe klargestellt, unter welchen Voraussetzungen Grundstückseigentümer fremde Abwasserleitungen auf ihrem Grundstück dulden müssen.

Freigelegte Rohrleitungen und Kabel in einer offenen Baugrube in einem Wohngebiet

Hintergrund des Falls

Die Parteien des Rechtsstreits waren Eigentümer benachbarter Grundstücke, auf denen 1981 ein Doppelhaus errichtet wurde. Der Kläger verlangte vom Beklagten, die Nutzung seiner Abwasserleitung einzustellen und die Verbindung zurückzubauen, da er erst 2023 festgestellt hatte, dass das Grundstück des Beklagten über sein eigenes Grundstück entwässert wird.

Grundsatz: Eigentumsrecht und Beseitigungsanspruch

Das Gericht entschied zugunsten des Klägers: Grundsätzlich kann ein Grundstückseigentümer nach § 1004 Abs. 1 BGB verlangen, dass fremde Abwasserleitungen auf seinem Grundstück beseitigt werden, sofern hierfür keine dingliche Berechtigung, etwa eine Grunddienstbarkeit, besteht. Solche Rechte müssten im Grundbuch eingetragen sein, was hier nicht der Fall war.

Keine Übertragung schuldrechtlicher Vereinbarungen

Zwar existierte ursprünglich eine gemeinsame Planung für die Entwässerung beider Grundstücke, die jedoch nur eine schuldrechtliche, aber keine dingliche Grundlage hatte. Das Gericht stellte klar, dass diese schuldrechtliche Vereinbarung nur zwischen den ursprünglichen Bauherren (dem Kläger und dem Vater des Beklagten) galt und nicht auf den Beklagten als neuen Eigentümer überging. Schuldrechtliche Vereinbarungen wirken grundsätzlich nicht gegenüber Dritten, die das Grundstück später erwerben, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche Übertragung vor, die hier fehlte.

Duldungspflichten und nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis

Auch das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis (§ 242 BGB) verpflichtet den Kläger nicht zur weiteren Duldung. Solche Duldungspflichten greifen nur, wenn der betroffene Nachbar zwingend auf die Nutzung des fremden Grundstücks angewiesen ist. Das war hier nicht der Fall, da eine direkte Anbindung des Grundstücks des Beklagten an das öffentliche Kanalsystem möglich ist, wenn auch mit Aufwand verbunden. Der Beklagte konnte keine außergewöhnlichen Umstände nachweisen, die eine unzumutbare Belastung durch den eigenen Anschluss darstellen würden.

Berechtigtes Interesse des Klägers

Das OLG Karlsruhe stellte fest, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse hat, da er aufgrund der aktuellen Leitungsführung allein das Risiko eines Wasserrückstaus trägt – ein Risiko, das angesichts zunehmender Starkregenereignisse erheblich sein kann.

Nach Auffassung des Gerichts wiegt das Interesse des Beklagten, den Status quo beizubehalten, nicht schwerer als das Interesse des Klägers, seine Eigentumsrechte zu schützen und potenzielle Schäden zu vermeiden. Das Gericht gewährte dem Beklagten jedoch eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2025, um die notwendigen baulichen Maßnahmen umzusetzen.

Fazit

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der rechtssicheren Gestaltung nachbarlicher Verhältnisse und insbesondere die Notwendigkeit, Nutzungsrechte an fremden Grundstücken dinglich abzusichern, um zukünftigen Konflikten vorzubeugen. Eigentümer sollten daher sorgfältig prüfen, ob vorhandene Leitungen ordnungsgemäß abgesichert sind, um rechtliche Streitigkeiten wie in diesem Fall zu vermeiden.

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