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OLG Stuttgart bejaht Maklerlohn trotz „unzulässigem Button“

In seinem Urteil vom 07. August 2024 (Az. 3 U 233/22) hat das Oberlandesgericht Stuttgart eine Entscheidung zur Wirksamkeit von Maklerverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr getroffen. Es verurteilte einen Immobilienkäufer zur Zahlung von 29.303,75 EUR Maklerprovision, obwohl die verwendete Online-Schaltfläche im Vertragsprozess nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach.

Junge Frau tippt auf einem Laptop in einem Café, daneben eine Tasse Kaffee

Hintergrund: Ein Vertrag per Klick, aber rechtswirksam?

Die Klägerin, eine Immobilienmaklerin, hatte über das Onlineportal „fioport“ ein Objekt digital vermarktet. Der spätere Käufer, ein Verbraucher, erhielt Zugang zum vollständigen Exposé über eine E-Mail mit personalisiertem Link. Der Zugang war jedoch nur nach Bestätigung zweier Checkboxen möglich, unter anderem zur Annahme des Maklervertrags. Anschließend musste der Nutzer die Schaltfläche „Senden“ anklicken.

Problematisch war hierbei: Die Schaltfläche war nicht, wie in § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB vorgesehen, mit „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer gleichwertig klaren Formulierung beschriftet. Der Maklervertrag war somit zunächst schwebend unwirksam (§ 312j Abs. 4 BGB).

Der rechtliche Kern: Schaltflächenpflicht – was gilt wann?

Zentrale Normen waren:

  • § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB: Schaltflächen im E-Commerce müssen unmissverständlich auf die Zahlungsverpflichtung hinweisen.
  • § 312j Abs. 4 BGB: Wird die Pflicht nicht erfüllt, kommt der Vertrag nicht wirksam zustande.   
  • § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB: Maklerlohnanspruch bei erfolgreichem Nachweis oder Vermittlung.  
  • § 119 BGB: Anfechtung wegen Irrtums.  
  • § 656a BGB: Textformerfordernis für Maklerverträge über Wohnimmobilien.

Das OLG Stuttgart bejahte, in Abkehr von der erstinstanzlichen Entscheidung des LG Stuttgart (Az. 30 O 28/22), trotz des fehlerhaften Buttons letztlich die Wirksamkeit des Maklervertrags. Denn: Der Verbraucher habe den zunächst schwebend unwirksamen Vertrag später konkludent genehmigt.

Der entscheidende Punkt: Bestätigung durch Verhalten

Nach Ansicht des Gerichts lag eine nachträgliche Genehmigung durch den Verbraucher vor, ein Schlüsselelement, das das Urteil auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 30.05.2024 – C-400/22) stützt. Der EuGH hatte klargestellt, dass ein Vertrag, der wegen unzureichender Bestellkennzeichnung nicht verbindlich ist, durch spätere Zustimmung des Verbrauchers wirksam werden kann.

Im konkreten Fall hatte der Beklagte, trotz vorheriger Unwirksamkeit, in einer E-Mail um einen Besichtigungstermin gebeten und damit die Leistungen der Maklerin in Anspruch genommen. Er habe, so das OLG, damit „die Wirkungen des Vertrags aufrechterhalten wollen“, zumal ihm aus Exposé und E-Mail die Provision erkennbar war. Das genüge, um den Vertrag ex tunc (rückwirkend) zu genehmigen (§ 182 BGB analog, richtlinienkonforme Auslegung von § 312j Abs. 4 BGB).
Kein Ausweg: Auch Widerruf und Anfechtung griffen nicht

Der Beklagte hatte sich auf Widerruf und Anfechtung berufen, vergeblich:

  • Der Widerruf sei verfristet gewesen (§§ 355, 356 BGB).  
  • Die Anfechtung wegen Täuschung/Drohung (§ 123 BGB) sei nicht ausreichend substantiiert und blieb unbelegt.

Auch ein Verstoß gegen die Formvorgaben des § 656a BGB wurde verneint. Die Erklärung des Verbrauchers lag in Textform vor (per E-Mail), wie gesetzlich vorgeschrieben.

Kausalität gegeben: Ohne Maklerin kein Vertrag

Der Käufer hatte eingewandt, er habe das Objekt bereits vorher durch eigene Recherchen gefunden. Das überzeugte das Gericht nicht. Die Maklerin hatte eine Besichtigung organisiert und einen konkreten Kontakt zur Verkäuferin hergestellt – ein klassischer Nachweis i.S.v. § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Nachweistätigkeit sei daher zumindest mitursächlich für den späteren Kaufvertrag gewesen.

Fazit: Klarheit für Makler, aber Vorsicht bei der Button-Beschriftung

Das Urteil des OLG Stuttgart bringt zwei zentrale Erkenntnisse:

  1. Maklerverträge im elektronischen Geschäftsverkehr sind nur dann sofort wirksam, wenn die Button-Lösung gesetzeskonform umgesetzt wird, konkret: mit der Aufschrift „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer gleichwertig klaren Formulierung.  
  2. Ein dennoch geschlossener Vertrag kann aber wirksam werden, wenn der Verbraucher ihn später ausdrücklich oder konkludent bestätigt, zum Beispiel durch die Inanspruchnahme von Leistungen mit Kenntnis der Kostenpflicht.

Das Urteil ist auch ein Weckruf an Makler, ihre digitalen Prozesse dringend auf eine rechtskonforme Button-Gestaltung zu überprüfen, und zwar auch dann, wenn sie davon ausgehen, dass zunächst keine unmittelbare Zahlungsverpflichtung für den Kunden entsteht. Denn selbst eine spätere („nachgelagerte“) Zahlungspflicht reicht aus, um die Anforderungen des § 312j BGB auszulösen.

Rechtsmittel ausgeschöpft? Revisionszulassung abgelehnt

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, aber es wurde keine Revision zugelassen. Eine Beschwerde zum Bundesgerichtshof (I ZR 159/24) ist allerdings anhängig, bleibt abzuwarten, ob die Thematik dort doch noch weitergeführt wird.

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