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Schwere Depression kann Zahlungsverzug entschuldigen

Das Amtsgericht Münster hat in einem Räumungsrechtsstreit (Az. 4 C 3363/19) entschieden, dass ein Mieter nicht aus seiner Wohnung geworfen werden darf, wenn er aufgrund einer schweren Depression vorübergehend zahlungsunfähig war.

Nahaufnahme eines ernsten Mannes mit Bart vor einem neutralen, hellen Hintergrund.

Der Fall: Ein Mieter war mit den Mietzahlungen für mehrere Monate in Verzug geraten. Die Vermieterin kündigte das langjährige Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB und hilfsweise ordentlich. Obwohl der Mieter die Rückstände später ausglich, verlangte die Vermieterin die Räumung aufgrund der ordentlichen Kündigung.

Das Gericht wies die Klage ab: Zwar machte der Mieter zunächst Zahlungsrückstände, glich diese aber innerhalb der Zweimontsfrist nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB aus. Die fristlose Kündigung war damit unwirksam.

Die ordentliche Kündigung war laut Gericht ebenfalls unwirksam. Denn der Mieter befand sich nachweislich in einer schweren depressiven Episode und war dadurch völlig arbeits- und antriebsunfähig. Er konnte daher seine Mietzahlungen nicht schuldhaft verletzen (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Seine Pflichtverletzung erschien "in milderem Licht".

Das Gericht ließ ein psychiatrisches Gutachten einholen, das die Schwere der Depression belegte. Da es sich um die erste Verfehlung in dem seit 2004 bestehenden Mietverhältnis handelte und der Mieter die Rückstände zügig ausglich, sei der Vermieterin die Fortsetzung des Mietverhältnisses auch zumutbar.

Für Vermieter bedeutet dies: Eine Kündigung kann unwirksam sein, wenn der Mieter vorübergehend ohne Verschulden durch eine psychische Erkrankung zahlungsunfähig war. Vermietern ist anzuraten, die Umstände sorgfältig zu prüfen, bevor sie eine Kündigung aussprechen.

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