Vermieter kann Au-Pair in naheliegender Wohnung unterbringen - Räumungsanspruch bestätigt

Der Kläger, ein Ehepaar mit drei minderjährigen Kindern, hatte dem Beklagten im November 2019 ordentlich zum 31.08.2020 gekündigt. Grund war, dass die Ehefrau nach der Geburt des dritten Kindes im Januar 2020 wieder berufstätig werden wollte. Da in der eigenen Wohnung kein Platz für die Unterbringung eines Au-Pairs war, wollte der Kläger dem einzustellenden Au-Pair die nur 650 Meter entfernte und fußläufig in acht Minuten erreichbare Wohnung des Beklagten zur Verfügung stellen.
Das Gericht sah in diesem Vorgehen einen berechtigten Eigenbedarfsgrund gemäß § 573 Abs. 1 S.1 BGB. Die Unterbringung eines Au-Pairs zur Kinderbetreuung sei ein vernünftiges und nachvollziehbares Interesse des Vermieters. Entscheidend sei, dass eine räumliche Nähe zur Familie gegeben sei, was bei einer Entfernung von 650 Metern unproblematisch der Fall sei. Die vom Kläger bewohnte Wohnung sei zu klein, so dass nur die Nutzung der Beklagtenwohnung in Betracht komme. Von einer städtischen Familie könne nicht verlangt werden, zur Unterbringung eines Au-Pairs in eine größere Wohnung zu ziehen.
Der Beklagte machte erfolglos Härtegründe geltend: Er legte ein Gutachten vor, dass bei ihm ein depressives Syndrom diagnostiziert wurde und argumentierte, sein Gesundheitszustand könnte sich bei einer Räumung verschlechtern. Zudem trug er vor, als 60% Schwerbehinderter mit Hartz-IV-Bezug auf dem freien Wohnungsmarkt chancenlos zu sein. Das Gericht ging jedoch nicht weiter auf diese Einwände ein und sah keine Härte, die eine Verlängerung nach §§ 574, 574a BGB rechtfertigen würde. Dem Beklagten wurde lediglich eine Räumungsfrist bis 31.07.2021 gemäß § 721 ZPO eingeräumt.
Das Urteil ist ein wichtiger Präzedenzfall für das Kündigungsrecht von Vermietern. Es stellt klar, dass die Au-Pair-Unterbringung ein berechtigtes Interesse gemäß § 573 Abs. 1 S.1 BGB darstellen kann, selbst wenn es nicht in der eigenen Wohnung des Vermieters erfolgt, solange die Wohnung fußläufig erreichbar ist. Für städtische Familien bedeutet dies mehr Flexibilität bei der Au-Pair-Anstellung.
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